Gazprom hatte bereits am Dienstag angekündigt, seine bisher geplante Tagesmenge von 167 Millionen Kubikmeter Gas pro Tag um rund 40 Prozent zu reduzieren, und auf Verzögerungen bei der Reparatur von Gaskompressoren hingewiesen. Der Energietechnikkonzern Siemens Energy hatte mitgeteilt, dass eine in Kanada reparierte Gasturbine wegen russischer Sanktionen nicht aus Montreal zurückgegeben werden könne. Am Mittwoch begründete der russische Staatskonzern die Erdrosselung erneut mit Verzögerungen bei den Reparaturarbeiten durch Siemens. Daher musste ein weiteres Gaskompressionssystem abgeschaltet werden, sagte er.

Nord Stream 1 ist die Hauptversorgungsleitung für Deutschland

Für Deutschland ist Nord Stream 1 die wichtigste Pipeline für russisches Gas. Die Jamal-Europa-Linie, die Polen durchquert, war zuvor nicht verfüllt worden. Auch der Transit von russischem Gas durch die Ukraine ist rückläufig. Bundesfinanzminister Robert Habeck (Grüne) bezeichnete in diesem Zusammenhang die Kürzung der russischen Gaslieferungen um 40 Prozent als politisch motiviert. Er habe auch den Eindruck, „dass das, was gestern passiert ist, eine politische Entscheidung war, keine fachlich begründete Entscheidung“, sagte Habeck am Mittwoch in Berlin. Eine zweite Gasturbine, die ebenfalls 2022 gewartet werden soll, befinde sich noch in Russland, sagte ein Siemens-Energy-Sprecher am Mittwoch. Wann genau die Wartung dieser Turbine geplant ist, machte das Unternehmen nicht. In Abstimmung mit der EU-Kommission sei festgelegt worden, dass der Unterhalt dieser Anlagen nicht sanktioniert werde, sagte Habeck am Mittwoch, noch vor der erneuten Ankündigung einer weiteren Reduzierung. Er hat es Siemens Energy persönlich bestätigt. Die Anlage wird über Kanada bedient. Jemand spricht mit Kanadiern darüber, inwieweit kanadische Sanktionen dies ermöglichen. Die erste Unterhaltsrate, wo diese relevant gewesen wäre, hätte unseres Wissens nach erst im Herbst und dann nicht im 40-Prozent-Bereich gezahlt werden dürfen, sagte Habeck. Deshalb habe er den Eindruck, dass es sich um eine politische Entscheidung handele und nicht um eine technische.

Der Großhandelspreis für Erdgas steigt stark an

Die Energiepreise waren bereits durch frühere Restriktionen gestiegen, da insgesamt weniger Gas aus Russland nach Europa fließt. Die vollständige Gaspipeline Nord Stream 2 wurde noch nicht in Betrieb genommen. Nach der Ankündigung einer weiteren Senkung ist der Großhandelspreis für Erdgas am Mittwoch kräftig gestiegen. Auf der niederländischen Handelsplattform TTF kostet das im Juli zu liefernde Erdgas am späten Mittwochnachmittag (17.45 Uhr) 113,8 Euro pro Megawattstunde nach 97 Euro am Vortag – ein Plus von 17 Prozent. Am Montag lag der Kurs bei 83,4 Euro, am Mittwoch vor einer Woche bei 79,4 Euro. Der Preis variiert stark. Am 7. März waren es 206,9 Euro. Vor einem Jahr, am 15. Juni 2021, kostete eine Megawattstunde Juligas 18,9 Euro. Aus Industriekreisen heißt es, Russland profitiere nicht direkt von steigenden Gaspreisen, da es nur noch langfristige Verträge bedient. Seit einigen Tagen ist eine weitere Reduzierung der Liefermengen über die Ostseepipeline auf null bekannt. Als Grund nannte die Betreibergesellschaft Wartungsarbeiten. Sie fanden in diesem Zeitraum in den Vorjahren statt. Daher werden beide Linien des Doppelstrangs vom 11. bis 21. Juli um 18:00 Uhr abgeschaltet.