In den letzten Tagen der französischen Ratspräsidentschaft will Macron offenbar eines seiner europäischen Lieblingsprojekte ins Ziel bringen: die Anpassung der CO₂-Grenzen an die EU. Der Grenzausgleichsmechanismus zielt darauf ab, importierte Produkte, die außerhalb der EU produziert werden, klimafreundlicher zu verteuern als in Europa. Die EU will an ihren Grenzen eine zusätzliche CO₂-Steuer erheben und damit heimische Produzenten, die höhere Kosten haben, weil sie strenge Vorschriften zum Klimaschutz befolgen, vor schmutziger und damit billiger Konkurrenz aus dem Ausland schützen. Lesen Sie auch Abstimmung über EU-Gesetze
Die französische Regierung kämpft seit Jahren in Brüssel für das Projekt und hat es geschafft, EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zu erreichen. Der Grenzausgleich, kurz CBAM, ist ein zentrales Element des Klimapakets „Fit für 55“ von der Leyen. Lesen Sie auch Advertorial Green investieren Die EU-Mitgliedstaaten einigten sich im März grundsätzlich auf den Grenzausgleich, doch zentrale Fragen blieben damals unbeantwortet. Diese sollen laut Macron bis Ende Juni geklärt werden. Das zeigt ein Dokument der französischen Ratspräsidentschaft, das WELT vorliegt. Deshalb werden die Umweltminister bei ihrer Sitzung am 28. Juni über Schlüsselprojekte „Fit für 55“ abstimmen. Das Dokument enthält auch Kompromissvorschläge der französischen Ratspräsidentschaft zu den noch umstrittenen Themen.

Offensichtlich wurden die deutschen Kommentare ignoriert

Was Bundesumweltministerin Steffi Lemke überhaupt nicht gefallen dürfte (Grüne): Die wenigen Kommentare und Bedenken, die Berlin an die französische Ratspräsidentschaft schickt, tauchen im französischen Kompromissdokument nicht auf. WELT liegt auch ein unveröffentlichtes Änderungsgesuch des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) vor. Ein Vergleich zwischen der französischen Ministerzeitung und den Änderungsforderungen aus dem Ministerium von Robert Habeck (Grüne) zeigt: Die wenigen Kommentare der Bundesregierung wurden für das Kompromissdokument offenbar komplett ignoriert. Lesen Sie auch Die Anfragen der Bundesregierung im Mai betreffen vor allem die noch immer diskutierte entscheidende Frage: Wie schnell wird die Steuer an der Grenze eingeführt und wie schnell endet gleichzeitig die Ausgabe kostenloser Emissionszertifikate? Diese Frage war auch dafür verantwortlich, dass von der Leyens ambitionierte ETS-Reform des Emissionshandels vergangene Woche im EU-Parlament gescheitert ist. Bisher haben EU-Industrieunternehmen die meisten Verschmutzungsrechte erhalten, die es ihnen ermöglichen, kostenlos Treibhausgase auszustoßen. Die kostenlose Verteilung soll das Gleiche wie der geplante CO₂-Grenzausgleich verhindern: dass ausländische Konkurrenten einen Wettbewerbsvorteil haben, weil ihre Produktion weniger klimafreundlich ist oder dass EU-Unternehmen in Länder mit entspannterem Klima abwandern. Kritiker bemängeln, dass Unternehmen durch die kostenlose Abgabe weniger Druck haben, ihre CO₂-Emissionen zu reduzieren. Der Grenzausgleich soll daher die kostenlose Zuteilung ersetzen.

Die Bundesregierung hat mehr Zeit für Unternehmen gefordert

Die Bundesregierung hat in ihren Positionen mehr Zeit für die Anpassung betroffener Unternehmen an CBAM gefordert. „In der Stahl- und Düngemittelbranche sollte der Übergang bis 2030 langsamer vollzogen werden“, sagte er. Der Vorschlag der Bundesregierung sieht vor, dass die kostenlose Abgabe von Zertifikaten in den ersten Jahren ab 2026 langsamer reduziert wird, um Unternehmen die nötige Zeit zu geben, auf eine klimafreundlichere Produktion umzustellen. Ab 2030 könnte die Umstellung die Geschwindigkeit erhöhen. Insbesondere sieht der deutsche Vorschlag eine Kürzung der freien Kredite um fünf Prozentpunkte pro Jahr von 2026 bis 2030 vor. „Nach 2030 kann der Übergang schneller vollzogen werden (15 Prozentpunkte pro Jahr)“, heißt es in der deutschen Position. Lesen Sie auch Der von der französischen Ratspräsidentschaft vorgeschlagene Kompromiss, der am Mittwoch von den EU-Botschaftern zur Vorbereitung des Treffens der Umweltminister erörtert wird, bleibt im ursprünglichen Fahrplan der Kommission für den Übergang. Demnach sollen kostenlose Kredite ab 2026 jährlich um zehn Prozent gesenkt werden. Die Bundesregierung kann ihre Positionen realistischerweise nur beim Treffen der EU-Botschafter durchsetzen. Sollten die Botschafter das Dokument in seiner jetzigen Form billigen, wäre es für die Bundesregierung politisch äußerst schwierig, nachträgliche Änderungen zu fordern. Das gilt auch für das Veto von Umweltminister Lemke beim Ministertreffen. Dies ist in der Vergangenheit einige Male vorgekommen, aber Verhandlungen aufzunehmen, nachdem die Botschafter eine Einigung erzielt haben, ist mit hohen politischen Kosten verbunden.

Exportunterstützung

Auch ein weiterer grundsätzlicher Einwand der Bundesregierung taucht im aktuellen Dokument der Ratspräsidentschaft nicht auf: Das vorgeschlagene Grenzausgleichsgesetz konzentriert sich auf Importe aus anderen Ländern, lässt aber bislang außer Acht, dass EU-Unternehmen, die auch für den Weltmarkt produzieren, wettbewerbsfähig bleiben müssen . Dafür sorgen bisher kostenlose Kredite. Künftig wird es beispielsweise möglich sein, den Grenzausgleich rückgängig zu machen, der klimafreundlich produzierte Exporte subventioniert. Auch die verlängerte Ausstellung kostenloser Zertifikate für Exportunternehmen wird diskutiert. Lesen Sie auch Stattdessen fordert die Bundesregierung genau diese Unterstützung für Exporteure. Die Kommission solle „untersuchen, wie die Kosten des Handels mit ETS-Emissionen für exportorientierte Industrien im Rahmen der WTO ausgeglichen werden können“, forderte Berlin. Dazu sollte die Kommission 2023 einen Bericht veröffentlichen, bis spätestens 2025 einen Vorschlag für einen Ausgleichsmechanismus vorlegen und diesen vor 2026 von den Mitgliedstaaten genehmigen lassen. Der Entwurf für Umweltminister hinke weit hinterher: Die Kommission müsse alle zwei Jahre über die Auswirkungen von CBAM berichten, sagt er nur. Auch die Auswirkungen auf die Exporteure sollten berücksichtigt werden. Konkreter wird das Papier aber nicht. Hier können Sie sich unsere WELT-Podcasts anhören Damit die eingebetteten Inhalte angezeigt werden können, ist Ihre widerrufene Einwilligung zur Übermittlung und Verarbeitung personenbezogener Daten erforderlich, da die Anbieter eingebetteter Inhalte als Drittanbieter diese Einwilligung benötigen [In diesem Zusammenhang können auch Nutzungsprofile (u.a. auf Basis von Cookie-IDs) gebildet und angereichert werden, auch außerhalb des EWR]. Indem Sie den Schalter auf „on“ stellen, erklären Sie sich damit einverstanden (jederzeit widerrufbar). Dies umfasst auch Ihre Zustimmung zur Übermittlung bestimmter personenbezogener Daten an Drittländer, einschließlich der Vereinigten Staaten, gemäß Artikel 49 (1) (a) der DSGVO. Hier finden Sie weitere Informationen dazu. Ihre Einwilligung können Sie jederzeit über den Schalter und Datenschutz unten auf der Seite widerrufen.