“Leider kommt noch viel” – Landwirtschaftsminister Özdemir geht davon aus, dass die Lebensmittelpreise vor allem im Herbst weiter steigen werden. Die Nachwirkungen des Krieges in der Ukraine sind ab heute auch Thema beim Bauerntag.

Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir rechnet mit weiter steigenden Lebensmittelpreisen in Deutschland. „Leider bleibt noch viel zu tun“, sagte der Minister der Rheinischen Post in Düsseldorf. Die Lebensmittelindustrie hat lange Energiemarktfristen. „Wir müssen im Herbst und Winter mit Steigerungen rechnen, weil der Handel jetzt punktgenau mit Energie versorgt werden muss und Preiserhöhungen an die Kunden weitergegeben werden.“

„Teil der russischen Strategie“

In der gemeinsamen ARD-ZDF-Frühstückssendung sagte Özdemir zum russischen Angriff auf die Ukraine, es sei Teil der Strategie Russlands, Getreideexporte aus der Ukraine zu blockieren, um die globale Ernährungskrise weiter zu verschärfen. Deshalb „ist es Teil der Strategie, die Ukraine so zu trainieren, dass sie in diesem Krieg erfolgreich sein kann“, sagte Demzdemir.

Cem Özdemir, Bundeslandwirtschaftsminister: „Es ist Teil der Kriegsstrategie Russlands, die Ukraine zu zerstören und die Krise weltweit zu verschärfen.“

Tagesschau 09:00 Uhr, 14.6.2022

In der Rheinischen Post verteidigte Özdemir zudem seinen Vorschlag, die Mehrwertsteuer auf Obst, Gemüse und Hülsenfrüchte abzuschaffen, um gegen hohe Lebensmittelpreise vorzugehen. „Es besteht kein ernsthafter Zweifel daran, dass das derzeitige Mehrwertsteuersystem grundlegend überarbeitet werden muss“, sagte er. „Logik, Einfachheit und Nachhaltigkeit sind hier die Stichworte. Da kommt man schnell auf meinen Vorschlag.“

Deutscher Bauerntag in Lübeck

Die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine auf Agrarmärkte und Lebensmittelpreise werden auch zentrales Thema des heute beginnenden Deutschen Bauerntags in Lübeck sein, zu dem auch Özdemir erwartet wird. Viele Betriebe kämpfen mit steigenden Energie- und Düngekosten, erklärt der Bauernverband. In diesem Zusammenhang sind auch Lebensmittelgeschäfte in Supermärkten teurer geworden.

Laut Statistischem Bundesamt stiegen die Preise für Agrarprodukte im April um durchschnittlich 39,9 %. Das ist der höchste Preisanstieg im Vergleich zum Vorjahresmonat seit Erhebungsbeginn 1961. Pflanzliche Produkte legten im April mit 45,7 Prozent besonders stark zu, tierische Produkte mit 35,8 Prozent etwas weniger stark. Auch im März gab es einen Rekordpreisanstieg von 34,7 %.

Aufgrund fehlender Getreideexporte aus der Ukraine wird in einigen Ländern auch mit Versorgungsengpässen gerechnet. Am Bauerntag sollte daher auch darüber gesprochen werden, die angespannte Lage mit einer höheren Produktion in Deutschland zu entschärfen.

Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied, sagte gegenüber NDR Info, dass die Lebensmittelpreise weiter steigen müssten, damit die Landwirte ihre Kosten decken könnten. „Dünger kostet das Vierfache, Futtermittel das Doppelte, Diesel ist fast unbezahlbar. Wir Landwirte brauchen einfach höhere Preise, um überhaupt produzieren zu können“, sagt Rukwied.

Verwenden Sie mehr Land, um Lebensmittel anzubauen

Der Bauernverband unterstützte auch die Nutzung zusätzlicher Flächen für den Lebensmittelanbau. Demzdemir hat unter anderem ermöglicht, Gräser und Pflanzen aus bestimmten „ökologischen Vorrangflächen“ in Ausnahmefällen als Futter zu verwenden, lehnt aber weitere Aufrufe zum Getreideanbau ab.

Die regierende FDP forderte generell mehr Spielraum für die Landwirte. Landwirte brauchen Raum für eigenständige unternehmerische Entscheidungen und die richtigen Werkzeuge, sagte FDP-Agrarexperte Gero Hocker. Mehr Nachhaltigkeit lässt sich nicht durch staatliche Transfers erreichen, sondern durch Impulse und Förderung.

Vorschlag zur Viehkennzeichnung

Nach jahrelanger Debatte startete Özdemir auch einen neuen Versuch, die staatliche Fleischwirtschaft zu kennzeichnen. Zudem sollte auch eine gesicherte Finanzierung vorhanden sein, damit Landwirte nicht allein gelassen werden, um in mehr Tierwohl im Stall zu investieren.

Nach den Empfehlungen eines Expertengremiums wird über einen höheren Mehrwertsteuersatz bzw. eine Besteuerung tierischer Produkte diskutiert. Es könnte eine Gebühr von 40 Cent pro Kilo Fleisch in Betracht gezogen werden. Preiserhöhungen für Verbraucher lehnt der FDP-Partner angesichts der Inflation allerdings ab. Themenübersicht Krieg in der Ukraine